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Dres. Müller-Hagen | Graefe | Winterberg | Kollegen

Über- Unter- und Fehlversorgung

Vor allem eines sind diese Begriffe: Verleumdung qualifizierter Arbeit! Die aus dem Jahr 2000 stammende Behauptung, die Deutsche Kassenmedizin zeichne sich durch Über-, Unter- und Fehlversorgung aus, wird in der Presse noch immer gern zitiert.

  • Unter Überversorgung versteht man eine Behandlung, die aus medizinischen Gründen nicht notwendig und deren Nutzen nicht hinreichend gesichert ist, die in unwirtschaftlicher (ineffizienter) Form erbracht wird oder deren geringer Nutzen die Kosten nicht rechtfertigt.
  • Unterversorgung ist die teilweise oder gänzliche Verweigerung von Versorgungsleistungen trotz anerkannten Bedarfs, deren Nutzen hinreichend gesichert ist und deren Einsatz wirtschaftlich vertretbar ist.
  • Fehlversorgung ist jede Versorgung, durch die ein vermeidbarer Schaden entsteht; um einen solchen handelt es sich, wenn Leistungen erbracht werden, deren Nutzen nicht hinreichend gesichert ist oder Behandlungen nicht fachgerecht durchgeführt wurden – oder die nicht dem medizinischen Zweck dienen, der unterstellt wird.

Das Grandiose an dieser Begriffsschöpfung ist, dass sie - wenn man nur aggressiv genug argumentiert - immer passt. Weil es keine klaren Kriterien gibt, ist sie oft genug auch schwer zu widerlegen. Hauptsächlich finden wir den Begriff dann angewendet, wenn es irgendwie darum geht, Ärzte zu verunglimpfen. Aber: Es ist einmal mehr alles nicht so einfach, denn tatsächlich gibt es Beispiele dafür, dass Patienten in Deutschland nicht immer auf dem Stand der Wissenschaft behandelt werden.

Unterversorgung

Dies bezieht sich auf verschiedenste Bereiche. In der Diabetologie wird gezeigt, dass noch immer zu viele Füße amputiert werden müssen. In der Onkologie lässt sich nachweisen, dass außerhalb von spezialisierten Einrichtungen das Risiko zunimmt, eine schlechtere als die anerkannte adjuvante (zur OP zusätzliche und vorbeugend eingesetzte) Therapie bei Brustkrebs oder Dickdarmkrebs zu erhalten. Außerhalb von Zentren ist die Wahrscheinlichkeit erhöht, an Hodenkrebs (den man selbst in sehr fortgeschrittenen Stadien heutzutage fast immer heilen kann - s. Radrennfahrer Lance Armstrong) durch zu wenig Chemotherapie unnötigerweise zu sterben. In der Schmerztherapie wurde lange Zeit behauptet, dass der Prokopfverbrauch an starken Schmerzmitteln in Deutschland auffällig niedrig im Ländervergleich sei. Inzwischen mehren sich die Berichte von Palliativmedizinern und Schmerztherapeuten, nach denen die Vergleiche nicht stimmen, weil nicht alle wichtigen Medikamente in die Rechnung einbezogen werden - wieder mal: alles komplizierter, als man auf den ersten Blick denkt.

Wir haben als eigentlich breit ausgebildete Internisten gerade deswegen entschieden, uns ausschließlich und spezialisiert um Onkologie und Hämatologie zu kümmern, weil wir so am besten dafür sorgen können, dass in unserem Einflussbereich Unterversorgung vermieden wird. Dazu gehören auch Kooperationen mit Kliniken, die diejenigen Patienten versorgen, die ambulant unterbehandelt werden würden.

Überversorgung

Vor allem Ärzte erkennen Überversorgungen. Patienten, so scheint es, nehmen sie eher als besonders gute und intensive Betreuung wahr und fühlen sich eher betrogen und benachteiligt, wenn man hier kürzt. In der Onkologie sehen wir Überversorgung seltener. Ein beliebtes Phänomen ist aber beispielsweise, dass (besonders von Nichtspezialisten) Kontrollen angesetzt werden, die keine Konsequenzen haben, so dass kein Nutzen erkennbar ist. Ob aber eine weniger nebenwirkungsreiche gleich wirksame Therapie Überversorgung ist gegenüber der billigeren, weil sie teurer ist? Wer definiert den Standard? In der Onkologie ist wahrscheinlich der größte Überversorgungfaktor Diagnostik ohne Konsequenzen, gern als "Kontrolle" bezeichnet und schon durch diesen Begriff mit einer Aura von Sicherheit umgeben, die aber täuscht. Noch mehr bei der nicht durch Fachärzte ausgelösten Diagnostik wird gelegentlich von Fachärzten kritisiert, dass teure Methoden (Kernspin, Computertomographie, PET) überschätzt und unkritisch und zu häufig angesetzt werden.

Überversorgung speziell in Hamburg

In der Kardiologie hat es in Hamburg Streit mit Internisten gegeben. Deren Argument: Die Kardiologen führten als unnötig erachtete Kontroll-Herzkatheter durch bei beschwerdefreien Patienten - ohne medizinischen Nutzen, aber mit der Konsequenz, dass sie einen besonders großen Anteil des Budgets aufbrauchten.

Die Metropolregion Hamburg gehört ohne Zweifel zu den Ecken der Republik, in denen verhältnismäßig viele Arztpraxen sind. Die Krankenkassen reagieren reflexartig und schreien unisono: "Überversorgung". Die zum Zeitpunkt der Erstellung dieser Seite (08/11) amtierende Gesundheitssenatorin der Hansestadt hat mit ihrem persönlichen Karriere-Seitenwechsel von der Krankenkassenseite in die politische Verantwortung des Senatorinnenpostens plötzlich erkannt und bestätigt, was die Kassenärztliche Vereinigung Hamburg schon lange erklärt: Die Hansestadt braucht die Kassenärzte, weil sie im Gegenzug viel weniger Krankenhausbetten hat, als vergleichbare Regionen. Das bedeutet: Wir helfen unseren Patienten ambulant in der Kassenarztpraxis, wo andernorts die Ärzte zum Einweisungsschein greifen und ins Krankenhaus schicken. Hamburg ist nicht überversorgt. Es hat eine andere Struktur mit einer überdurchschnittlich leistungsfähigen Praxismedizin.

Politische Absicht

Ganz klar ist in der Regel die politische Absicht derer, die mit Überversorgung argumentieren: Man hat mit ihr ein Totschlagsargument parat, wo einem sonst die Begründungen fehlen, wenn es gerade mal wieder gegen die Ärzte geht. Achten Sie einmal drauf: „Überversorgung!“ wird gerne aus interessierten Kreisen gerufen, wenn Ärzte ihren gerechten Teil an Inflationsausgleich oder Kostensteigerungen einfordern.

Wie schlecht muss Versorgung sein, um nicht als Überversorgung diffamiert zu werden?

Damit sind wir bei einer Kernfrage: In Deutschland weiß nämlich kein Mensch (und kein Politiker wird es uns verraten), wo die Grenze zwischen Überversorgung und richtiger Versorgung zu ziehen ist. Niemand definiert in einer für den Alltag griffigen Art und Weise, ob ein teures Verfahren oder eine medizinische Intervention, das in irgendeiner Hinsicht ein bisschen besser ist, nun als "Scheininnovation" zählt oder doch als Verbesserung, die ihr Geld wert ist. Das System zwingt den Arzt, in jedem Einzelfall neu zu entscheiden. Wir geben uns allergrößte Mühe damit. In Wirklichkeit ist aber die Politik gefragt. Sie muss Farbe bekennen:

  • Wann ist eine Unterversorgung politisch gewünscht, weil sie billiger ist?
  • Wann ist eine gute Versorgung ein Überversorgungsluxus?
  • Wer hat eigentlich das Recht, dies zu bestimmen?

Fragen Sie doch einmal Ihren Vertreter im Deutschen Bundestag! Vermutlich wird er oder sie ohne Konzept dastehen. Vermutlich wird es zu mehr oder weniger gut übertünchten Wortblasen kommen

  • .. von jederzeit guter Versorgung für alle,
  • .. von selbstverständlicher Sicherstellung der Versorgung mit allem, was nötig ist,
  • .. und dass man als Politiker schließlich nicht Arzt sei und nicht wissen könne, was nötig sei...

Sie verstehen: Unsere Volksvertreter drücken sich vor ihrer Verantwortung. Stattdessen schieben sie ihre Verantwortung ab auf Ärzte. Das ist ja auch viel leichter.


Begrifflichkeit: Sachverständigenrat für die Konzertierte Aktion im Gesundheitswesen, Gutachten 2000/2001 zur Bedarfsgerechtigkeit und Wirtschaftlichkeit
 

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