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Dres. Müller-Hagen | Graefe | Winterberg | Kollegen

Wo Krebsfrüherkennung an Grenzen stößt

Wenn schon Krebs, dann früh erkannt und entfernt, so lange es noch leicht geht – wer wollte das nicht. Stimmt meistens, aber nicht immer. Warum es manchmal gar nicht funktionieren kann oder weniger bringt, als man denkt, lässt sich anhand von vier Graphiken zeigen. Testtheorie praktisch:

Was man wissen muss: Krebs ist auch im Jahr 2022 meistens dann nicht mehr heilbar, wenn erst einmal Metastasen bestehen. Sie sind es, die den Tod herbeiführen, bevor der betroffene Mensch aus anderen Ursachen „sowieso“ sterben würde. Früherkennung hat also die entscheidende Aufgabe, Betroffene zu identifizieren, bevor es zur Metastasierung gekommen ist. Das erfordert empfindliche, präzise und bezahlbare Tests, die aber für viele dieser Krankheiten noch nicht erfunden sind.

Situation 1 = Optimale Früherkennung: Sie verhindert den Tod durch das bösartige Leiden

Manche Krebstypen können durch geeignete Untersuchungsverfahren sicher erkannt werden, bevor Krebsabsiedlungen (Metastasen) entstehen. Die gerade wegen der Früherkennung mögliche frühe Therapie verhindert die Entstehung von Metastasen. Von Bedeutung ist das dann, wenn diese Metastasen üblicherweise zum Tode führen. Typische Krebstypen, für die das zutrifft, sind Brustkrebs, Gebärmutterhalskrebs und Darmkrebs.

grafik früherkennung krebs typ 1

Ergebnis der Früherkennung: Für eine Reihe Betroffener wird der Tod durch den Krebs effektiv verhindert. Für andere, die vielleicht auch ohne Früherkennung operiert und geheilt worden wären, erfolgt die OP in einem früheren Stadium und die Gesamtbehandlung hat weniger unerwünschte Nebenfolgen.

Situation 2 = Früherkennung kommt trotzdem zu spät: das Schicksal ist bereits besiegelt

Für andere Krebstypen sind die vorhandenen Untersuchungsverfahren nicht so gut, wie man sie sich wünschen würde. Wenn hier in der Früherkennung Menschen ohne Beschwerden getestet werden und der Krebs wird erkannt, dann hat er meist trotzdem schon gestreut. Eine typische Krebsart, für die das fast immer zutrifft, ist der Bronchialkrebs.

grafik frueherkennung krebs 2

Ergebnis der Früherkennung in diesem Fall: Die Diagnose der Metastasen wird zu einem Zeitpunkt gestellt, zu dem zwar das Schicksal nicht mehr grundsätzlich zu ändern ist, zu dem der Mensch sich aber eigentlich noch gut fühlte. Das Leben als Krebspatient beginnt einige Monate eher, als es sonst vermutlich passiert wäre. Der Tod durch den Tumor kann nicht grundsätzlich verhindert werden. Ob tatsächlich ein früherer Beginn der Therapie zu einer längeren Lebensdauer führt, als wenn die Therapie erst später eingesetzt hätte, ist umstritten. Die Graphik zeigt, dass die Bilanz auch sein könnte, dass nur die Lebensspanne unter Therapie steigt.

Situation 3 = Früherkennung ohne Vorteil: später kann immer noch optimal eingegriffen werden

Es kann auch vorkommen, dass es aufgrund eines relativ gutartigen Verhaltens ohne Metastasierung gar nicht drauf ankommt, die Diagnose möglichst früh zu stellen. Dann reicht es für eine gute Behandlung vollständig aus, dass im Falle von Symptomen die Diagnose gestellt wird und dass angemessen reagiert wird. Betroffene sterben so oder so nicht an einem solchen Krebs.

grafik früherkennung krebs typ 3

Ergebnis einer Früherkennung in diesem Fall wäre: Die Diagnose wird zu einem Zeitpunkt gestellt, zu dem die Behandlung vielleicht schonender erfolgen kann. „Gerettet“ würde aber niemand. Ein Beispiel für solche Tumore ist der so genannte „weiße Hautkrebs“, das Basaliom. Diese Tumore können gerade im Gesicht erhebliche Zerstörungen anrichten, aber zum Tode führen sie nicht. Natürlich ist eine Behandlung sinnvoll und auch leichter, wenn der Tumor früh behandelt wird - aber dafür bedarf es nicht unbedingt eines Früherkennungsprogramms. Und Betroffene leben durch frühe Erkennung nicht länger.

Situation 4 = Früherkennung ohne Vorteil: Krebs, der nie zum Problem geworden wäre

Hier dürfte man vielleicht ausnahmsweise wirklich einmal vom „Alterskrebs“ sprechen: Es gibt Erkrankungen, die alle Kriterien für Bösartigkeit erfüllen, die aber im Einzelfall nie zum Gesundheitsproblem werden, solange die Betroffenen leben – sie erreichen ihr „natürliches“ Lebensalter und sterben an anderen Ursachen. Niemand hätte je etwas vom Krebs gewusst, wenn man nicht danach gesucht hätte.

grafik früherkennung krebs typ 4

Ergebnis einer Früherkennung in diesem Fall wäre: Ein Mensch wird zum Krebspatienten, wird behandelt und hat Probleme dadurch („Nebenwirkungen“), der das nie gebraucht hätte. Eine Diagnose wird gestellt, die dem Betroffenen keinen Nutzen bringt.
Vielleicht gehört der Prostatakrebs mindestens teilweise in diese Kategorie. Vieles deutet darauf hin, dass die bisher üblichen Früherkennungsverfahren eine Vielzahl von Männern herausgefiltert haben, für die es besser gewesen wäre, ohne Behandlung alt zu werden. Die Kunst ist, so gute Früherkennungsverfahren anzuwenden, dass genau die Betroffenen erkannt werden, die es nicht mit diesem „Krebstyp 4“ zu tun haben ..

Fazit

Nützliche und sichere Früherkennung soll also Tests anwenden, die eine Vielzahl von Anforderungen zu erfüllen haben:

  • Nichtbetroffene sollen als solche erkannt werden (keine „falsch positiven“ Testergebnisse)
  • Betroffene sollen nicht als nicht betroffen verkannt werden (keine „falsch negativen“ Testergebnisse)
  • Betroffene sollen bereits beim Vorliegen früher Krebsstadien erkannt werden, vor Einsetzen der Metastasierung (ausreichende Empfindlichkeit des Testverfahrens – „Typ 2“ sollte in „Typ 1“ umgewandelt werden)
  • Krebserkrankungen, die nie eine Rolle spielen würden („Typ 4“), sollen unterschieden werden von denen, deren Erkennung nützt
  • die Tests müssen bezahlbar sein
  • sie müssen zugänglich sein

Die Wissenschaftler arbeiten daran. Wir dürfen hoffen, dass moderne Methoden – beispielsweise Diagnostik aus Blutproben, die nach Spuren von Krebs fahndet – hier in Zukunft Fortschritte bringt. Bis dahin hilft nur gesundheitsbewusstes Verhalten.

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Abbildungen nach: Klaus Koch: Untersuchungen zur Früherkennung, Krebs - Nutzen und Risiken, Stiftung Warentest 2005; Grafik: Sandra Kaiser / KVHJournal

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