Manche unserer Patienten überleben nur, wenn sie gespendete rote Blutkörperchen (Erythrozyten) erhalten. Seltener fehlen für die Blutgerinnung zuständige Blutplättchen (Thrombozyten). Musste man früher dafür ins Krankenhaus, können heutzutage spezialisierte Praxen wie unsere die Versorgung mit Fremdblut (Blutübertragung = Transfusion) ambulant anbieten. Achtung: Blut ist kostbar, Spender gibt es zu wenig.
Infrastruktur: Vom Spender zum Empfänger von Blut
Voraussetzung ist eine spezielle Infrastruktur. Die Blutspendedienste werben Spender, bestellen sie ein und betreuen sie. Sie sorgen dafür, dass die Präparate sicher sind: gereinigt von Serum oder unerwünschten weißen Blutkörperchen, frei von Infektionserregern, korrekt gelagert, und ohne Spendereiweiße, die unerwünschte Reaktionen im Empfänger hervorrufen. Sie sollen möglichst frisch sein und in ausreichender Menge zur Verfügung stehen - auch für Empfänger mit seltenen Blutgruppen bzw. Untergruppen.
Die Bestimmung der Blutgruppe des Empfängers muss in Auftrag gegeben werden, Präparate müssen passend bestellt werden, der zeitgerechte Transport der Blutprodukte muss funktionieren. Regeln zur Identitätssicherung, zur unverzüglichen Gabe müssen beachtet werden, dann Regeln zur Überwachung, auch eine Nachbeobachtung ist zu gewährleisten. Wir leisten all das. Wir haben Transfusionsverantwortliche, Transfusionsbeauftragte und eine spezielle Qualitätssicherung für das Transfundieren.
Zeitverlauf einer typischen planbaren Transfusion in unserer Praxis
Die Indikation wird gestellt, über die Transfusion wird rechtsgültig aufgeklärt. Nur wenn die Einwilligung gegeben wird, wird Blut abgenommen. Es dient beim ersten Mal der Bestimmung der Blutgruppe und außerdem der Testung auf Verträglichkeit (so genannte "Kreuzprobe"). Das ist eine ganze Menge an Laborarbeit, die in einem Speziallabor geleistet wird. Der Transport der Proben dahin erfolgt am Nachmittag. Am folgenden Morgen hat der Blutspendedienst die typischerweise gegebene Menge von zwei Einheiten gespendeten Blutes fertig herausgesucht, die Verträglichkeit im Test bestätigt, und das Blut in die Praxis geliefert.
Wir können akut durch Verbluten bedrohten Unfallopfern nicht helfen. Notfalltransfusionen bleiben eine Aufgabe für Krankenhäuser.
Immer sind es bei uns damit zwei Termine, zu denen die Patienten in Zusammenhang mit einer Transfusion kommen müssen. Der Verordnungsgeber hat zudem einen Höchstabstand festgelegt: Nicht mehr als drei Tage dürfen zwischen Kreuzprobe und Übertragung liegen. Konkret bewirkt das beispielsweise, dass wir nicht an einem Donnerstag verabreden können, am Montag drauf eine Transfusion zu machen - der Patient würde Freitag noch einmal kommen müssen für die Kreuzprobe, damit nicht der Zeitabstand zu lang wird.
Sind Blutübertragungen sicher?
Blutspenden sind effektiv, nützlich, ambulant bestens machbar und in Deutschland sind sie sicher. Hochempfindliche Tests spüren bereits so geringe Virusmengen auf, dass das Risiko mit weit weniger als 1 zu 1 Million angegeben wird, AIDS zu bekommen. Diese Zahlen gelten für Deutschland. Infektiöse Gelbsucht ist häufiger und dennoch wird auch sie bei infizierten Spendern so effektiv aufgespürt, dass auch hier das Risiko klein ist.
Weit weniger greifbar ist das Risiko, dass gespendetes Blut das Immunsystem schwächen könnte. Dieser Effekt wird aber immer wieder in der Fachliteratur besprochen. Grundsätzlich muss daher versucht werden, Blutübertragungen zu vermeiden, und auch darüber sprechen wir mit unseren Patienten.
Transfusion nach genau einem Schwellenwert?
Nur selten muss man mit Spenderblut auf erniedrigte Mengen an Hämoglobin reagieren. Ein geringer bis mäßiger Mangel kann meist problemlos kompensiert werden. Immer wird man versuchen, die Ursache zu erkennen und zu beheben, damit der Körper sich selbst hilft. Im einfachsten Fall fehlt Eisen oder das Vitamin B12. Manchmal kann man das Knochenmark stimulieren: Viele kennen das Prinzip eher aus der Sportberichterstattung, wenn es um das EPO-Doping der Rennradfahrer ging. Wir setzen das Medikament EPO auch ein, sind aber sehr vorsichtig angesichts von (einzelnen) Berichten, dass Tumorwachstum begünstigt worden sein könnte und Schlaganfälle bei Behandelten vermehrt auftraten.
Wer "braucht" Blut? Das ist im Einzelfall zu besprechen. Hier ist wichtig: Man richtet sich nicht einfach nur nach einem Messwert, sondern berücksichtigt unter anderem
- Patientenalter - jüngere Menschen vertragen im Allgemeinen niedrigere Werte
- Schnelligkeit des Verlustes - langsame Absenkung über Monate erlaubt Gewöhnung
- andere Erkrankungen - wenn die Lunge zusätzlich krank ist, mag die Toleranz sinken
- Nikotinabhängigkeit - wer raucht, kann vorhandenes Hämoglobin nicht maximal ausnutzen
- aber auch die Art der Alltagsanforderungen - wer im Elektrorollstuhl sitzt, muss weniger Muskulatur aktivieren als jemand, der auf drei Stockwerken lebt
Wir müssen in jedem Einzelfall eine Abwägung treffen. Die Transfusionsschwellen (ab welchem Grad des Mangels zu transfundieren ist) sind individuell.
Blutspender gesucht
Alle Patienten, die in unserer Praxis versorgt werden, erhalten zusammengenommen rund eintausenddreihundert Einheiten gespendetes Blut pro Jahr. Das ist eine Riesenmenge, und die muss irgendwo herkommen. Natürlich können die, die gespendetes Blut benötigen, nicht selbst spenden. Aber vielleicht macht das Schicksal unserer Patienten ja Gesunden deutlich, wie wichtig und eigentlich auch einfach die gute Tat einer Blutspende wäre.
Mit Hilfe von gespendetem Blut können wir in Situationen helfen, in denen das Blut bildende Organ unserer Patienten, das Knochenmark, versagt. Blutarmut (=Anämie; genauer: Mangel an Sauerstoff transportierenden roten Blutkörperchen) kann als eigenständige Krankheit auftreten, aber häufig ist Blutarmut eine Folge von anderen Störungen oder von Eingriffen. Manchmal können wir die Anämie bei Chemotherapie nicht vermeiden. Manchmal besteht die Erkrankung genau darin, dass die Blutkörperchen bildenden Zellen des Knochenmarks eine Fehlprogrammierung erleiden und ihr Produkt (die roten Blutkörperchen) nicht mehr zur Verfügung stellen können.
Nicht selten ist das fehlende eigene Blut durch nichts anderes zu ersetzen als durch gespendetes menschliches Blut. Gespendet von Menschen, die das Glück haben, gesund zu sein. Denen das gute Gefühl etwas bedeutet, anderen in einer unschätzbar wertvollen Weise geholfen zu haben. Diese Freiwilligkeit verpflichtet uns zu besonderer Sorgfalt im Umgang mit den kostbaren Blutkonserven.
Manche unserer Patienten, die die segensreiche Stärkung durch einen mit einer Blutübertragung wieder aufgebesserten Sauerstofftransport erfahren haben, fragen, was sie dafür tun können, dass genug Blut da ist, wenn es gebraucht wird. Meist können sie auch nach Besserung der Akutsituation nicht selbst spenden. Wir sagen dann:Versuchen Sie, in Ihrem Familienkreis, unter den Freunden, in der Verwandtschaft besonders die Jüngeren anzusprechen, dass sie Blutspender werden!
Machen Sie sich bitte klar: Die direkte Spende von Blutsverwandten gezielt für den Erkrankten als Empfänger ist immunologisch fast immer besonders ungünstig - die Übereinstimmung kann gar nicht 100% sein, wenn man kein eineiiger Zwilling ist. Als Kind trägt man immer Eigenschaften des nicht erkrankten Elternteils in sich - auch da kann keine volle Übereinstimmung erwartet werden.
Aber wenn viele Menschen spenden, ist für jeden Bedürftigen die Konserve mit der optimal passenden Blutgruppe jederzeit verfügbar.