Wir bieten auch Nachsorgen nach Krebstherapien an. Manche Patienten verbinden damit sogar die Erwartung, dadurch besser vor einem Rückfall geschützt zu werden. So einfach ist das nicht.
Nutzen von Nachsorgeuntersuchungen
Was könnte der Nutzen solcher Untersuchungen sein? Sie könnten vielleicht einen Rückfall nachweisen, bevor der sich durch Beschwerden bemerkbar macht. Ein so herausgeholter Zeitvorsprung kann einige Wochen oder Monate, selten mehr als ein halbes Jahr betragen. Wäre ein solcher Vorsprung wertvoll? Ist also im Falle eines Rückfalls die Regel gültig, die sonst immer betont wird: Mit früher Erkennung sind bessere Heilungschancen verbunden? Intuitiv wenden die meisten Patienten dieses Wissen über die Behandlung von erstmalig auftretenden Tumoren auch auf die Behandlung ihrer Rückfälle an. Und das ist häufig leider falsch. Ganz überwiegend tauchen Rückfälle in Form verstreuter Tochtergeschwülste auf und die Heilungschancen sind ein sehr, sehr schwierigeres Thema geworden.
Teils gibt es Anhaltspunkte für einen solchen Nutzen und wir suchen in der Nachsorge nach Zeichen von Rückfällen, deren frühe Behandlung im symptomlosen Stadium nützlich ist. Teils wurde gezeigt, dass ein solcher Nutzen gar nicht zu erkennen ist - und wir sollten dann die Situation nicht durch sinnlose, aber aufwändige oder gar noch mit Nebenwirkungen verbundene Untersuchungen verschlimmbessern.
Therapiefolgen erkennen
Dennoch hat Nachsorge ihren Sinn - und wenn er in der Begleitung liegt und im Erkenntnisgewinn über Langzeitergebnisse. Nur mit richtig gemachter Nachsorge lassen sich Störungen erkennen, die durch die Therapie hervorgerufen worden sind. Dies kann langzeitig bei manchen insbesondere hochintensiven Chemotherapien der Fall sein, aber auch nach Bestrahlungen. Es kann aber auch so vermeintlich banale Dinge betreffen wie Folgen von Operationen, z.B. Narbenbrüche. Wiederum kann es sein, dass OPs Funktionsstörungen bedingen, gegen die man etwas machen muss. Beispiel: Wenn durch eine OP am Magen fast kein Vitamin B12 auf natürlichem Wege mehr in den Körper gelangt, wenn die Fettverdauung zum Problem wird oder die Aufnahme mancher Nahrungsstoffe im Darm nicht mehr möglich ist: Nachsorge kann dazu dienen, diese Dinge zu klären. Im Grunde geht es bei den hier skizzierten Fragen um medizinische Sachverhalte aus dem Alltag von Allgemeinmedizinern oder hausärztlichen Internisten (oder anderen allgemeinversorgenden Fachärzten), aber nicht so sehr um Fragen, die tatsächlich nur ein medizinischer Onkologe verstehen würde. Insofern muss in jedem Einzelfall abgesprochen werden, wer sich um die weitere medizinische Begleitung voraussichtlich geheilter Patienten kümmert.
Beispiele
Beispiele zeigen, wie unterschiedlich die Situation dennoch sein kann:
Brustkrebs:
- Jahrzehnte lang war in der Nachsorge üblich, in regelmäßigen Abständen viele Untersuchungen abzuarbeiten. Dass das keinerlei Überlebensgewinn bringt, ist inzwischen bewiesen. Aber eines ist sicher: Rückte der Nachsorgetermin näher, stieg die Angst. Lebensqualität? Nein. Was aber nach OP und begleitender Chemo- oder Hormontherapie wirklich lohnt: Konsequente Brustdiagnostik, um gegebenenfalls gut operable neue Brusttumore zu erkennen.
Eierstockskrebs:
- Die Behandlungsleitlinie für Patientinnen nach großer OP und Chemotherapie beschreibt detailliert die Ziele von Nachsorge. Rückfälle sind leider häufig. In den letzten Jahren hat sich das Vorgehen gewandelt: man prüft, ob eine erneute Operation machbar ist. Da mag es sein, dass der Einsatz von Laborkontrollen darin unterstützt, solche Situationen zu erkennen. Wir begleiten insbesondere die Patientinnen, denen wir so genannte Erhaltungstherapien verschreiben.
Dickdarmkrebs:
- Die Entdeckung von Metastasen in Leber oder seltener in der Lunge lässt uns im Prinzip immer prüfen, ob erneut operiert werden sollte. Wäre das möglich, würden die Behandlungsergebnisse besser. In der Nachsorge suchen wir daher gezielt. Hier wünschen wir uns technische Untersuchungen in einem regelmäßigen Zeitraster.
Hodenkrebs:
- Die Nachsorgeprogramme sehen je nach Vorgehen in der Ersttherapie genaue Folgen von Computertomographien vor. Rückfälle können heilbar sein. Die rechtzeitige Erkennung eines Rückfalls kann das erheblich erleichtern.
Insgesamt ...
unterstützen wir Nachsorge und ermutigen dazu. Wir müssen aber individuell klären, was Nachsorge leisten kann und soll. Nicht für jeden Patienten ist sie auf dieselbe Art durchzuführen. Nicht in jedem Falle sind Laborwerte wie beispielsweise Tumormarker besonders nützlich. Selten benötigt man Kernspintomographie (MRT) oder Computertomographie (CT). Sehr häufig ist eine normale hausärztliche Begleitung die angemessenste Form der Nachsorge. Ganz normal, gar nicht beim Onkologen. Ist das nicht eigentlich viel besser?